Vermutlich nutzten bereits die Kelten und Römer die örtlichen Quellen zur Frischwasserversorgung und zu Kulthandlungen. Römische und frühmittelalterliche Spuren sind in unmittelbarer Nähe noch heute nachweisbar. Und vielleicht ist das „Wäldchens Loch“, wie die Gemarkung genannt wird, seit jeher ein Platz der Ruhe, der inneren Einkehr und der Begegnung mit der Natur. Die besondere Atmosphäre dieses Ortes ist bei einem Besuch noch immer spürbar.
Doch wie kam ein kleiner Ort wie Saffig zu einem solchen, gar in der Literatur verewigten Park? Die Antwort gibt die enge Verbundenheit des Ortes mit dem Grafengeschlecht von der Leyen. Seit 1481 war Saffig ein Lehen dieser bedeutenden Familie. Es begann eine weitreichende bauliche Veränderung des sicherlich vormals eher einfachen und bäuerlich geprägten Ortes hin zu einer gräflichen Residenz.
Neben der Dorfkirche entstanden steinerne – und repräsentative – (Wohn-)Gebäude, die über die nachfolgenden Jahrhunderte zu einer Gesamtanlage mit umgebendem Park erweitert wurden.
Spätestens zu Beginn des 18. Jahrhunderts, mit der Vermählung von Karl Kaspar von der Leyen mit Maria Sophia von Schönborn, einer Schwester des Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn, hielt
der sprichwörtliche „Bauwurm derer von Schönborn“ Einzug im Pellenzort. Schönstes Zeitzeugnis ist hierbei sicherlich die durch Balthasar Neumann entworfene und von Johannes Seiz ausgeführte Barockkirche, die 1742 fertiggestellt wurde.
Etwa um diese Zeit erfolgte der (Um-)Bau der beiden heute noch bestehenden Gebäude. Während jedoch das Kutscherhaus (Baujahr 1750) nur wenige Veränderungen in den nachfolgenden Jahrhunderten erfuhr, wurde das ehemalige Schloss (um 1700) stark verändert. Der heute noch bestehende Teil, unter dem Namen „Schlösschen“ bekannt, war vermutlich der Süd-Flügel des Hauptgebäudes. „Das Schloss, dass bis auf zwei Flügel abgebrochen ist, lag auf einer Anhöhe südwestlich der Kirche“, heißt es in einer zeitgenössischen Beschreibung. Es erstreckte sich über die Teile des heutigen Gebäudes hinaus, entlang der oberen Parkterrasse. Mit dem Schloss, den Pavillonbauten und den angrenzenden Wirtschaftsgebäuden sollte ein Lustschloss entstehen, „daß gantz in aufgelöster Grundrißform nach Art der Mainzer Favorite errichtet war.“
Möglicherweise wurde die Überplanung des Schlosses durch Johann Georg oder seinen Sohn Johannes Seiz durchgeführt, der als Schüler die Bauausführung (1738-42) der von Balthasar Neumann entworfenen Barockkirche innehatte und ohnehin im „Leyenlande“ zahlreiche Bauten verwirklichte.
Bei der Gartengestaltung bemerkenswert sind die bewusst gewählten Elemente englischer Landschaftsgärten. Diese zu jener Zeit „moderne“ Strömung war geprägt durch einen humanistischen Schöpfergeist. Der Natur wurden weniger Zwänge in Form eines formalen, geometrischen Gartens auferlegt. So entstanden „Landschaftsgemälde in Mitten der Natur“. Hochadel, Dichter, Landschaftsmaler und selbst der Kurfürst waren regelmäßig zu Gast.
Doch wie die Blumen blühen und verwelken, so kommen und gehen auch Zeiten und Nationen. Mit dem Einmarsch der französischen Armee im Oktober 1793 wurde aus dem einstigen Herrschaftssitz ein Lazarett für verwundete Revolutionssoldaten.
300 Betten stellte man in den Sälen von Schloss Saffig auf. Wie vielerorts plünderten die Invasoren auch hier die Einrichtungen des verhassten Ancien Régime, der alten feudalen Ordnung. Die letzte Reichsgräfin, Marianne von der Leyen, schrieb 1793 in ihr Tagebuch: „Saffig war verloren, das liebliche Schloss, mit herrlichem Park und Garten. Seine schönsten Obstbäume und Alleen wurden zusammengehauen, die Statuen zertrümmert, die kostbare Wasserleitung ihrer Bleiröhren wegen zerrissen.“
Der Kauf des Geländes durch den zunächst französischen, später preußischen Steuerrat Hugo Burret um 1810 bringt eine größere Umgestaltung des Areals mit sich. Der neue Besitzer lässt das alte „in Schutt und Asche liegende Schloss“ bis auf einen Flügel abreißen und es zum heutigen „Schlösschen“ umbauen, das Kutscherhaus und die Bauten des Wirtschaftshofs bleiben erhalten. Einige Brunnen und Wasserspiele finden in dieser Zeit noch Erwähnung.
Der neue Besitzer belässt den oberen Parkbereich im Englischen Stil. Die großen Wiesenflächen werden um weitere seltene Baumarten ergänzt. Die gräflichen und sicher pflegeintensiven Wasserspiele werden hingegen weitgehend stillgelegt, die Reste der Brunnenanlagen zum Teil veräußert, zum Teil in anderen Baukörpern integriert.
Der Zufall will es, dass in direkter Nachbarschaft der Familie Burret Clemens Josef Lenné die alten gräflichen Wirtschaftsgebäude der von der Leyen auf der gegenüberliegenden Straßenseite erwirbt. Sie sind ebenfalls umgeben von einer weitläufigen Park- und Gartenanlage. Zu der Zeit befinden sich hier noch die Ökonomie, die Gebäude für die Gäste und die Orangerie der ehemaligen gräflichen Residenz.
Clemens entstammt der berühmten Gärtnerdynastie Lenné. Sein Vater, Peter Josef (der Ältere), begleitete das Amt des Hofgärtners in Bonn. Sein Bruder Peter Josef (der Jüngere) avancierte zum königlich- preußischen General-Gartendirektor der Hohenzollern und prägte für ein halbes Jahrhundert die Gartenkunst Preußens. Während einiger Aufenthalte in Saffig überplant Peter Josef für seinen jüngeren Bruder die Gartenanlage. Nachbar Hugo Burret lässt sich dabei ebenfalls durch „Seiner Majestät höchst ehrenwerten Herrn Gartendirektor“ inspirieren und erhält sicherlich wertvolle Tipps für die Anlage seines Schlossparks.
1869 kommen die Barmherzigen Brüder nach Saffig, erwerben das Lenné’sche Anwesen und nutzen den unteren Teil des Parks mit seinen Alleen und Anbauflächen wiederum für ihre Zwecke. Der obere Schlosspark mit Schlösschen und Kutscherhaus bleibt im Besitz der Familie Burret.
Sie veräußert ab 1923 Teile des Schlossparks, 1928 dann den Gesamtkomplex an die Ordensgemeinschaft, die hier zunächst ein Sanatorium für ältere Mitbrüder einrichtet. Der Park wird zur Rekreation und zur inneren Einkehr genutzt. Die Heiligenfiguren in den Nischen der Brunnenanlage zwischen Kutscherhaus und Schlösschen oder im Grottenpavillon am Weiher zeugen noch heute von dieser Neuausrichtung.
Der zweite Weltkrieg brachte eine weitere Zäsur für den Schlossbereich. Mit der Umwidmung der Einrichtung zum Reservelazarett wurde das Schlösschen zum Offiziersheim. Nicht zuletzt durch die Mangellage an Feuerholz, aus Platzgründen für den Fuhrpark und den versuchten Bau eines Bunkers, wurden zahlreiche Alt-Bäume gefällt und die ursprüngliche Wegeführung verlegt.
Leider fallen in den 1960er bis 1980er Jahren, bedingt durch umfangreiche Baumaßnahmen für den neuen Kirchenanbau, verkehrsbedingte Veränderungen der Hauptstraße, den Bau des Peter-Friedhofen-Platzes und den Zeitgeist jener Jahre weitere parkprägende Elemente und (bau-)geschichtliche Besonderheiten zum Opfer.
Eine erste Rückbesinnung auf die Besonderheit des gesamten Geländes entstand im Jahrtausendwechsel.
Anfang 2000 wurde das Schlösschen umfangreich saniert, die Bausubstanz des nebenliegenden Kutscherhaues und der Brunnennische dabei jedoch zunächst vernachlässigt. Dies änderte sich mit dem Jubiläumsjahr der Barmherzigen Brüder Saffig im Jahr 2019. Das 150-jährige Standortjubiläum war der Anlass, im Schlösschen eine Ausstellung über die Standortgeschichte zu etablieren. Funde, Wissen und Geschichten über und zum Gelände wurden erstmals zusammen getragen. Weitere Veranstaltungen und inklusive Konzepte ließen das Schlösschen und das Parkgelände zum Besuchermagnet werden.
Ausgebremst durch die Coronapandemie entwickelten die Barmherzigen Brüder Saffig die Idee, dem Kutscherhaus neues Leben einzuhauchen. Es entstand der heutige Inklusionsbetrieb Gästehaus im Schlosspark der zum Jahreswechsel 2023/24 in den historischen Schlossgebäuden eröffnet wurde.
Seinen Sie herzlich willkommen!
Diese Website verwendet Cookies.
Diese Webseite nutzt neben notwendigen auch nicht notwendige Cookies externer Komponenten, wie z.B. Karten, Videos oder Analysewerkzeuge, welche alle dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Nutzungsverhalten zu sammeln. Personenbezogene Daten werden von uns nicht erhoben und bedürfen, wie z. B. bei der Nutzung von Kontaktformularen, Ihrer expliziten Zustimmung. Sie können dem Einsatz der nicht notwendigen Cookies mit dem Klick auf die Schaltfläche „alle Cookies akzeptieren“ zustimmen oder sich per Klick auf „alle Cookies ablehnen“ dagegen entscheiden. Weitere Informationen zu den von uns verwendeten Diensten und zum Widerruf finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen. Dort können Sie ebenfalls Ihre hier getroffenen Einstellungen unter dem Link „Cookie-Einstellungen“ jederzeit aufrufen und Cookies auch nachträglich abwählen. Ihre Einwilligung dazu ist freiwillig und für die Nutzung der Webseite nicht notwendig.